Home Testberichte Test – Grim Fandango Remastered
Test – Grim Fandango Remastered

Test – Grim Fandango Remastered

2

09.05.2015

Double Fine hat eine lange Entwicklergeschichte. Schon zur letzten glorreichen Zeit der Spieleindustrie hatten sie sich als wahre Meister der Point’n’Click Abenteuer gemeistert. Fast zwanzig Jahre später möchte man einen ganz besonderen Klassiker neu aufrollen. Gemeint ist Grim Fandango. Seit dem 28. Januar diesen Jahres könnt ihr das in Zusammenarbeit mit der 3rd Party Production von Sony entwickelte Remaster für 19,99 Euro inklusive Cross Buy und Cross Save digital erwerben. Wir haben uns die HD Auflage angeschaut und sagen euch, ob der Klassiker auch in dieser Zeit bestehen kann.

Der Zahn der Zeit

Grim Fandango ist wahrhaftig ein altes Spiel: 1998 ist es erschienen – das Remaster stolze 17 Jahre später. Ein Jahrhundert in der Spieleindustrie. Damals wurde es von der Presse als Klassiker gefeiert und bekam viele Auszeichnungen, darunter auch als Bestes Spiel 1998. Gelobt wurde das stimmige Gesamtkonzept hinter dem Abenteuer, welches mit den individuellen Charakteren, den damals gut aussehenden Texturen, einer Filmreifen Handlung sowie dem einfachen Gameplay begründet war. Meine Erwartungen sind an genau dem festgelegt. Doch wie schaut es mit dem berühmten Zahn der Zeit aus? Kann es immer noch als Klassiker gelten? Genau das will ich herausfinden.

Darf ich vorstellen: Manuel Calavera

Manuel ist ein Ticketverkäufer in der Zwischenwelt der Toten. Dort muss er so lange allen ankommenden Toten das bestmögliche Paket in die ewige Ruhe verkaufen, um von seinen Sünden der Vergangenheit bereinigt zu werden und ebenfalls ins Jenseits zu gelangen. Doch aus irgendeinem Grund bekommt er seit einer gefühlten Ewigkeit keinen High-Class-Kunden sondern nur den gesellschaftlichen Abschaum. Selbst bei Meche – eine Dame mit vorbildlichem Lebenslauf – kann er kein „Ticket Nr. 9“ verkaufen. Er verdächtigt seinen Kollegen Domino Hurley und seinen Chef des DOD – Department of Death – unter einer Decke zu stecken und beschließt, dem ganzen auf den Grund zu gehen. In der Zwischenzeit verschwindet Meche aus dem Gebäude, was Manuel Calavera als Kavalier dazu treiben lässt, sich auf die Suche nach diesem ehemals friedvollen Geschöpf zu machen.

Point’n’Click

Grim Fandango ist ein Point’n’Click Adventure der alten Schule. Ihr müsst umher laufen, mit Leuten reden, Sachen sammeln, diese mit anderen Dingen benutzen, Gegenstände untersuchen, um letztlich ein Rätsel nach dem anderen lösen zu können. Dies könnt ihr entweder mit den Knöpfen und Sticks machen oder per Touchscreen. Beide Steuerungsmöglichkeiten stehen sich in nichts nach, wobei letzteres für ein Spiel dieses Genres sehr gut geeignet ist. Aus der alten Schule ist Grim Fandango deshalb, weil es vergleichsweise schwierig ist. Jede Person, jedes Gespräch und jeder Gegenstand, mit dem ihr interagieren könnt, könnte Hinweise enthalten, wie ihr das aktuelle Problem löst. Dabei gibt es – bis auf die Komplettlösung im Internet – keine Hilfestellung. Ihr seid also komplett auf euch alleine gestellt. Wer da sich nicht anstrengt und sein Gehirn ein bisschen in Fahrt bringt, wird schnell die Motivation verlieren. Ebenso kann das Spiel in manchen Passagen schlauchend sein, da man ständig hin und her laufen muss.

Authentisch

Absoluter Fokus des Spiels liegt in der Geschichte und seinen Charakteren. Als Kavalier nach dem reinsten Geschöpf auf Erden zu suchen, ist zwar ein bisschen kitschig, dafür ist die Handlung stringent, lässt bis zum Schluss alles offen und baut damit eine intensive Spannung auf. Die vielen unterschiedlichen Charaktere, die euch im Laufe des Spiels begegnen, haben alle eine eigene Persönlichkeit, die sehr authentisch in den zahlreichen Gesprächen vermittelt wird. Besonders die zwei Hauptcharaktere – Manni und Manuel – werden gut in Szene gesetzt und verleihen dem Spiel tolle Identifikationsfiguren.

1A Synchronisation

Dabei profitiert das Spiel von einer fast schon seltenen Geste: Grim Fandango ist komplett in deutsch synchronisiert, also Text und Sprache! Und es ist nicht nur irgendeine Synchronisation, nein, es ist eine grandiose und überaus gelungene, die sehr schön die Persönlichkeiten eines jeden Einzelnen aufgreift und ihm mit Stimme noch mehr Authentizität verleiht. Bravo!

Technische Macken

Dafür muss man mit einigen technischen Macken hinnehmen: So läuft das Spiel nicht zu 100% flüssig. Viele Passagen betrifft dies nicht, allerdings taucht diese Störung vor allem in schnellen Szenen – meist in den Zwischensequenzen – auf, sodass die wenigen vorhanden ihren Reiz verlieren. Dafür halten sich die Ladezeiten quasi im Minimum. Nur beim Jahreswechsel werden kurz einige Daten geladen, bevor es dann ohne Unterbrechung weiter gehen kann. Viel problematischer ist dagegen der Umstand, dass das Spiel häufig grundlos abstürzt. In Verbindung mit der Tatsache, dass man manuell speichern muss – was angesichts der heutigen Zeit unverständlich ist – ist das ein Problem, das unnötige viele Nerven kostet. Hier lautet daher die Devise: Lieber einmal zu oft als einmal zu wenig speichern.

Remastered

Dass das Spiel schon fast zwanzig Jahre alt ist, fällt einem nur bei wenigen Texturen auf. Ansonsten präsentiert sich Grim Fandango in einer zeitlosen Optik, die schön mit der Welt der Lebenden und Toten spielt und trotzdem realistisch angehaucht ist. Wer mag, der kann mit einem Knopfdruck auf die alte Grafik wechseln. Wer das tut, dem fällt sofort der gigantische Unterschied auf, den die dynamischen Lichteffekte haben. Mit ihnen wird alles viel lebendiger und flüssiger. Der Soundtrack spielt sich angenehm im Hintergrund ab und wechselt je nach aktuellem Standort. So hört ihr zum Beispiel bei einem Fest klassische Fiesta-Musik, während in Pannensituationen auch mal ein „Whap, whap whaaoooo“ kommen kann.

Fazit: Ich kann jetzt absolut nachvollziehen, warum Grim Fandango ein Klassiker seines Genres ist und die zahlreichen Preise abgeräumt hat. Sehr viel Herzblut wurde in die spannende Geschichte und den vielen unterschiedlichen und sehr authentischen Figuren hineingesteckt. Mit Manuel Calavera hat man zudem einen sympathischen Charakter erschaffen, mit dem man gerne, die zahlreich vorhandenen Gespräche zuhört – nicht zuletzt auch wegen der grandiosen, deutschen Synchronisation! Meine Erwartungen wurden vollends erfüllt. Negativ ankreiden hingegen muss ich die technische Umsetzung: Kein automatisches Speichern gepaart mit Spielabstürzen bringt unnötig Frust.

Trotz dieser Mängel katapultiert sich Grim Fandango Remastered automatisch an die Spitze der Must-Haves für die PS Vita. Diesen Klassiker sollte sich kein Spieler entgehen lassen, der nach einem vorbildhaften Regiebuch sucht.

Lars Leidenschaftlicher Gamer, Ehemann und IT-Berater. Liebt seine PS Vita, seinen Hund und Wordpress. Seit 2011 Redakteur und seit 2013 Administrator und Webmaster von yourPSVita.
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
2 Comments
Oldest
Newest Most Voted
Inline Feedbacks
View all comments
11. Mai 2015 13:48

Genau genommen war Grim Fandango kein Point’n’Click-Adventure. Denn es wird weder gepointed, noch (im herkömmlichen Sinn) geklickt. Die Steuerung war seinerzeit realitv neu in diesem Genre und ist – zu recht – nur eingeschränkt auf Gegenliebe gestoßen. Vergleiche: Monkey Island, Zak McKracken, Sam’n’Max, Day of the Tentacle…