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Test – Broken Age

Test – Broken Age

1
Positiv
61% - 70%

Unser erster Eindruck war

Unsere Bewertung

15.06.2015 – Test

In letzter Zeit hat das Adventure-Genre auf der PS Vita einiges an Aufmerksamkeit erregt. Mit Grim Fandango Remastered kam ein Klassiker des Point and Click-Adventures auf den Handheld. Double Fine Productions hingegen hat eine neue oder vielmehr zwei neu Geschichten geschrieben. Dank Cross-Buy und Cross-Save könnt ihr die Rätsel unterwegs und zu Hause knacken. Ursprünglich erschien Broken Age in zwei Teilen auf dem PC. Am 29. April ist das Spiel als Komplettpaket für 24,99 € veröffentlicht worden. Ob mich Broken Age schon in seinen Bann gezogen hat, erfahrt ihr in der Vorschau.

Grausame Dofbewohner und Mutter

Etwas merkwürdig ist die Art und Weise, wie Broken Age mit seinen parallelen Geschichten umgeht. Es werden euch gleichzeitig zwei Personen präsentiert, zwischen denen ihr jederzeit wechseln könnt: eine futuristische und eine eher fantasiereiche Geschichte. Nach einer Stunde Spielzeit kann ich zwar nicht viel über die Entwicklung der Charaktere sagen, aber mehr oder weniger erfasst habe ich die Grundsituation beider. Der männliche Charakter Shay lebt in einem Raumschiff, weil sein Heimatplanet zerstört wurde. Hier wird er vom Raumschiffcomputer umsorgt. Dieser dient dabei als Mutter- und Vaterersatz. Er ist überfürsorglich und verbietet Shay jegliche Aktionen und simuliert Missionen mit Eiscremelawinen, dem Kuschelplaneten und anderen fragwürdigen Orten, an denen er sichere und „lustige“ Abenteuer erleben kann. Der mittlerweile nicht mehr kindliche Shay wirkt aber mehr als nur gelangweilt von seiner Situation. Natürlich dürft ihr seinen Tagesrhythmus gleich miterleben und euch auch zu Tode langweilen. Von der morgigen Wahl der Frühstücksflocken über die immer gleichen Abenteuer ist es wirklich gelungen eine absolut langweilige Atmosphäre zu kreieren. Wer es schafft sich hier durch zu kämpfen – und für mich war es ein Kampf – der kann bald das Raumschiff und seine illustren Charaktere erkunden. Tiefer möchte ich aber Shays Geschichte nicht beschreiben, weil Adventure-Spiele von ihrer Geschichte leben und ich diese nicht ruinieren möchte, dazu hat die Geschichte mir bisher zu sehr gefallen. Shay traf in der ersten halben Stunde auf wenige Charaktere, diese halten ihn aber bewusst im Dunkeln. Ich kann mir also bisher nur ein ungenaues Bild von der Welt außerhalb des Raumschiffs machen und bin wie Shay auf die Erklärungen anderer angewiesen. Etwas was hier wirklich gut gelungen ist und mich in die Geschichte gerissen hat.

Unsere andere Protagonistin ist Vella. Das junge Mädchen wohnt in einem Dorf voller Bäcker. Ich weiß nicht warum die Bürger dieses ehemals kriegerischen Dorfes auf das Bäcker- bzw. Konditorhandwerk umgestiegen ist, aber es ist deutlich weniger kriegerisch. Mit Vella haben wir nur wenig Eingewöhnungszeit, denn sie hat nicht den Luxus der Zeit. Ihr Dorf wird von einem Monster namens Mog Chothra heimgesucht. Um es zu besänftigen, findet das Maidenfestival statt. Hier werden die besten jungen Damen des Dorfes als riesige Nachspeise dem Monster serviert. Vella gehört mit zu den aktuellen Opfern. Sie empfindet das Ganze aber weniger als Ehre, sondern als Unterdrückung ihres Dorfes und möchte das Monster lieber bekämpfen. Prompt gelingt ihr auch die Flucht vom Maidenfest. Nun liegt es aber an euch, den Weg zurück in euer Dorf zu finden und Mog Chothra Einhalt zu gebieten. Denn die Strafe für ein missglücktes Maidenfestival ist die Zerstörung des Dorfes. Vella trifft bereits früh auf verschiedene Charaktere, die alle ihre eigenen Marotten haben. Sogar verrückte Kultmitglieder zählen zu ihren neueren Bekanntschaften. Auch hier verzichte ich auf genauere Ausführungen, um niemanden den Spielspaß zu verderben, aber anmerken möchte ich, dass Vella’s Geschichte deutlich schneller Fahrt auf nimmt und euch weniger Eingewöhnungszeit lässt. Beide Geschichten fangen interessant an und bieten einige nette Mysterien, die es noch zu klären gibt.

Klassisches Adventurespiel

Broken Age präsentiert sich als klassisches Point und Klick Adventure. Wer also Klassiker, wie Day of the Tentacle oder Monkey Island gespielt hat, der wird sich hier gleich zu Hause fühlen. Aber dank der unterschiedlichen Steuerungsmöglichkeiten der PS Vita bietet das Spiel hier einige nette Optionen. Der Zeiger kann auf zweierlei Arten bewegt oder direkt per Touchscreen gesteuert werden. Mit dem linken Stick könnt ihr den Zeiger mausgleich steuern oder euch mit dem rechten Stick direkt zu anklickbaren Objekten schieben lassen. Letzteres ist sehr gut, solltet ihr mal auf dem Schlauch stehen. So konnte ich das eine oder andere Objekt entdecken. Die Touchscreen-Steuerung bekommt Bonuspunkte für den Einsatz von Items, weil ihr diese einfach an den Benutzungsort ziehen könnt. Meine Empfehlung ist es, den Touchscreen für Interaktionen mit Inventarobjekten und sonst den linken Stick zu verwenden. Hiermit habe ich die für mich angenehmste und nostalgischste Steuerung, ohne den Bildschirm zu verdecken oder Objekte langsam ziehen zu müssen. Neben der Steuerung ist mir aber bereits jetzt die Komik des Spiels aufgefallen. Wie alle Größen des Genres setzt auch Broken Age auf lustige Reaktionen der Charaktere, die komplett in Deutsch synchronisiert wurden. Die meiste Zeit bringe ich damit Objekte oder Kombinationen zu untersuchen, um lustige Dialoge oder Reaktionen zu sehen. Nur um euch einen kleinen Vorgeschmack eines meiner bisherigen Lieblingssituationen zu geben: das Verwenden von Teleportern in Shays Raumschiff verkleinert seinen Kopf. Beim ersten Schrumpfen wird er vom Teleporter mit der Erklärung „Quantenphysik“ abgefrühstückt. Bei weiterem Verwenden anderer Teleporter schrumpft sein Kopf weiter und Shays Reaktionen werden noch irritierter. Mir haben die Reaktionen der beiden Charaktere sehr gut gefallen. Auch haben Shay und Vella zwei sehr verschiedene Charaktere, die sehr gut ausgearbeitet wurden. Inwieweit sich ihre Vorstellungen und Einstellung zum Geschehenen ändern ist bisher nicht absehbar.

Knackig und gut aussehend

Mein persönliches Highlight war aber die sehr schön gelungene Darstellung des Spiels. Beide Geschichten fokussieren sich auf unterschiedliche Zeiten und sind daher auch unterschiedlich gehalten. Shays Raumschiff ist ein starker Gegensatz zwischen kindlichen Bildern und der kalten und sterilen Welt des Raumschiffs. Das ist besonders gut gelungen, wenn ich die Kommandozentrale mit falschen Steuerelementen und einem Mobile sehe und dazu den Raumschiffcomputer, der sich als Vater und Mutter präsentiert und dazu im Kontrast die graue Umgebung und den alltäglichen Trott des Weltraumlebens. Dagegen lebt Vella in einer eher traumartigen Welt mit Wolkenbewohnern riesigen Monstern und einer insgesamt bunteren und abwechslungsreichen Umgebung. Was beide Abenteuer gleichermaßen verbindet sind die Rätsel. Bisher waren die Rätsel noch sehr leicht, aber ein Rätsel im Raumschiff von Shay zeigt schon, dass etwas mehr gedankliche Anstrengung notwendig sein wird, um die Rätsel zu lösen.

Insgesamt hat mir Broken Age schon sehr gefallen und ich bin gespannt, ob das Spiel mit neuen Rätseln und seiner interessanten Geschichte an die erste Stunde Spielspaß anknüpfen kann.

Plottwister

Nach rund 14 Stunden bin ich mit Broken Age am Ende. Im Allgemeinen wird es wohl zwischen 10 und 14 Stunden benötigen, je nachdem wie viel ihr erkundet und wie lange ihr an einigen Rätseln sitzt. Ich persönlich hatte zwei, drei Rätsel, die mich recht lange verzweifeln ließen. Da ich es hasse, Geschichten durch Spoiler kaputt zu machen, aber euch an meinem Leid teilhaben lassen will, bleibe ich bei den Wörtern: Kabelsalat und Putzroboter. Die Aufteilung des Spiels in zwei Akten ist deutlich erkennbar. Gelangt ihr mit Shay oder Vella an das Ende des ersten Aktes, so wechselt automatisch die Perspektive zum anderen und ihr müsst dessen Akt eins durchspielen. Akt zwei beginnt mit einer sehr interessanten Überraschung und danach müsst ihr weiter mit Shay und Vella spielen.

Der zweite Akt des Spiels unterscheidet sich nicht in seiner Spielweise vom ersten, aber auch nicht großartig von der Umgebung. Bis auf wenige Ausnahmen bewegt ihr euch in denselben Arealen wie im ersten Teil. Zwar sind drei vier neue Umgebungen für jeden Charakter hinzugetreten, aber essentiell bleibt die Spielwelt gleich. Das ist grundsätzlich einmal ärgerlich, aber Double Fine Productions ist es gelungen, durch die Geschichte und den neuen Dialogoptionen der alten Charaktere das Spiel trotzdem interessant zu gestalten. Indem das Spiel den alten Charakteren neue Dialogoptionen gibt, zeigt er neue Seiten auf und bringt ihnen mehr Tiefe. Der erste Akt ist in drei bis vier Stunden durchgespielt und der zweite Akt wird zwischen sechs und zehn Stunden benötigen. Er ist doppelt so lange wie der erste Teil und es gelingt Double Fine Produktion, das Spiel zufriedenstellend aufzulösen. Am Ende fühlte ich mich den beiden Hauptcharakteren verbunden und habe mich über ihre Erfolge freuen können.

Härtere Rätsel

Der zwei Akte des Spiels dreht in Sachen Rätseln deutlich am Schwierigkeitsgrad. Während ich im ersten Teil nur bei ein oder zwei Rätseln größer arbeiten musste, ist das im zweiten Akt eher andersherum der Fall. In der Gesamtansicht wirkt der erste Akt da mehr wie ein nettes Tutorial. Meistens müsst ihr für die Lösung mehrere Gebiete absuchen, Items aufsammeln und die Umgebung mehr beeinflussen, als bisher. Dennoch wirken die Rätsel nie aufgezwungen, sondern ergeben in die Geschichte eingeflossen, einen Sinn. Somit wirkt auch die Lösung des Rätsels immer förderlich für euer Ziel. Auch etwas Geschicklichkeit und Geschwindigkeit sind erforderlich. Einige Rätsel sind dabei sehr schwierig, weil das Spiel euch keinen offensichtlichen Hinweis gibt. Da hilft dann nur suchen und alles auszuprobieren. Mir sind so schwere Rätsel aber lieber, als zu einfache. Schnell geht dementsprechend nur sehr wenig im Spiel und ihr werdet an einigen Rätseln deutlich mehr Zeit verbringen, als ihr vielleicht im ersten Moment denkt. Ich war irritiert, dass der erste Teil des Spiels so schnell vorüber war und der zweite Teil so lange gedauert hat. Lieber wären mir zwei ausgeglichene Teile gewesen, weil der Übergang zwar in der Geschichte gut gelungen ist, aber in Sachen Schwierigkeitsgrad und Komplexität deutlich erkennbar ist. Hier wird für mich etwas die Kontinuität der Story gestört, insbesondere weil der Sprung nur bedingt an die Spannungskurve der Handlung gebunden ist. Hier wäre eine bessere Feinabstimmung möglich gewesen.

Gleichbleibend, aber anders

Wie bereits erwähnt bewegt sich auch der zweite Teil der Geschichte in derselben Umgebung wie Teil eins. Dementsprechend trefft ihr nicht nur die gleichen Charaktere, sondern hört auch einen identischen Soundtrack. Vorteil daran ist, dass ihr die gleichen Orte unter einer anderen Szenerie und mit neuem Wissen über die Welt seht. Mit den neuen Informationen könnt ihr so der Welt noch mehr Leben verleihen und sie besser verstehen. Andererseits gibt es nicht sehr viel Neues zu entdecken. Der Blickwinkel hat sich zwar verändert, bis auf wenige neue Charaktere und ein paar neuen Orten bleibt das Spiel aber in der gewohnten Umgebung. Hier hat Double Fine Productions mehr auf eine tiefgründigere kleinere Spielwelt, als auf eine große und wenig detailreiche Welt gesetzt. Was auch mehr Sinn macht, weil man als Teenager doch seine nähere Umgebung mehr erforscht, als die große weite Welt. Vielleicht hinkt der Vergleich etwas, weil ich selten in einem Raumschiff bin oder mich mit riesigen Monstern rumschlagen muss.

Fazit: Broken Age fängt etwas gemütlich an und ich war etwas besorgt, ob die Rätsel und die Geschichte wirklich über die ganze Spieldauer mithalten kann. Am Ende kann ich sagen, dass es Double Fine Productions sehr gut gelungen ist, eine stabile und in sich geschlossene Spielwelt zu erschaffen. Mit ihrem eigenen Humor und ihrer Persönlichkeit sind auch Vella und Shay mehr als gut etabliert. Dem Versuch aus ihrem tristen Leben zu entkommen, habe ich sehr gerne begleitet. Aber auch insgesamt ist die Geschichte interessant gestaltet und bietet ein oder zwei schöne unerwartete Wendungen. Derweil haben mich die Rätsel des Spiels meistens auf Trab gehalten und ich musste das ein oder andere Mal länger über der Lösung knobeln. Etwas Schade ist, dass die Synchronisation zwischen Spannungskurve der Geschichte und der Schwierigkeit der Rätsel nicht wirklich gelungen ist. Hiermit hätte ein schöner Effekt erzeugt werden können. Von der Darstellungsseite hat mir das Spiel sehr gut gefallen. Auch hier sieht man die Mühen von Double Fine Productions die Spielwelt in sich geschlossen und tiefgründig zu halten. Das Erkunden macht in einer gut etablierten Spielwelt auch deutlich mehr Spaß, als in einer halbherzig erstellten Welt ohne viel Witz. In Sachen Humor zeigt sich Broken Age auch von seiner besten Seite und lässt euch viel mit den verschiedenen Objekten interagieren, ob sie nützlich sind oder nicht. Diese Liebe zum Detail in Kombination mit dem hübschen Soundtrack ergibt eine lebendige Spielumgebung, die mich zum Erkunden und zum Aushalten meiner beiden Hassrätsel gebracht hat.

Ich kann Broken Age jedem Freund des Adventure-Genres ans Herz legen. Die Kombination aus Humor und Rätselterror wird euch sicher einige Stunden beschäftigen und wer gerne erkundet, wird sicherlich die eine oder andere lustige Szene entdecken.

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1 Kommentar
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Hero
14. November 2015 13:16

Das Spiel ist liebevoll gestaltet und hat eine tolle Geschichte.
Allerdings ist das Spiel wohl eher für die Kleineren.
Die Grafik ist etwas kindlich gestaltet.
80 % würde ich daher trotzdem geben.