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Test – Borderlands 2

Test – Borderlands 2

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05.09.2014

Was hat Gearbox damals nicht alles mit Borderlands 2 abgeräumt. Game of the Year, bester Shooter, bester Multiplayer, Editor’s choice awards und und und. Mit einem Metacritic von 91% (PS3) darf man darüber auch nicht wundern. Und genau deshalb war es die größte Neuigkeit des Abends, als Sony zur letztjährigen Gamescom dieses Spiel für unsere PS Vita ankündigte. Genau das gleiche Spiel wie auf der Konsole, eine 1-zu-1 Portierung, um der Welt da draußen zu zeigen: „Hey, schaut mal! Unser Versprechen ist genau hier!“ Nicht nur den bis dato etwas enttäuschenden Handheld-Besitzern eines der selteneren High-Budget-Titeln anzubieten, sondern auch den anderen Publishern die Qualität des kleinen Gaming-Monstern zu beweisen. Fast eineinhalb Jahre nach dem Release von Borderlands 2 kam das heiß erwartete und mit großen Erwartungen verknüpfte Spiel auf die PS Vita. Nicht Gearbox sondern Iron Galaxy Studios zeigten sich im Rahmen der neu initiierten 3rd Party Production für den Port verantwortlich. Wir haben uns nach Pandora gewagt und sagen euch, mit was ihr rechnen dürft.

Nicht weniger als ein Game of the Year

Sony versprach uns nichts weniger, als das Borderlands 2 der großen Konsolen auf der PS Vita. Und nichts anderes habe ich im Vorfeld erwartet. Kurz vor dem Release des zweiten Teils hatte ich mit dem Ur-Borderlands auf der PS3 befasst – und war mit der Einzigartigkeit des Konzeptes überwältigt. Jede Menge Action gepaart mit einer alles andere als ausgelutschten Story, welches Dank der RPG-Elemente mich stundenlang in den Bann gezogen hatte. Borderlands 2 soll genau da anknüpfen und noch ein bisschen mehr geben. Besonders aus technischer Sicht wird viel abverlangt: Hohe Detaildichte, das performance-fressende Cel-Shading mit seinen quasi unendlichen Partikeln, die besonderen Lichteffekte und und und. Klar ist, dass die PS Vita nicht alles bieten kann. Was ich dann jedoch erwarte, dass das Spiel spielbar ist und nicht im Keller der Bildraten versauert.

Einmal Speicherkarte zum Mitnehmen

Also gut. Ab in den PSN Store, Testmuster eingelöst, und los geht’s…. Mit dem Aufräumen der Speicherkarte. Mit über 3GB für das Spiel plus fast 2GB Download-Content braucht man stolze 5GB Speicherplatz. Ja richtig, eine 4GB-Karte reicht hier nicht mehr aus. Na gut. Nach dem Zwei-Stunden-Download geht es los.

Pandora und die Kammerjäger

Geschichtlich handelt Borderlands 2 direkt nach seinem Vorgänger. Kämmerjäger reisen nach Pandora, um das unbekannte aber wertvolle Eridium zu finden. Doch als ihr mit eurem vierköpfigen-Team (repräsentierend für die vorhandenen Klassen) auf Pandora ankommt, werdet ihr Opfer einer üblen Falle von Handsome Jack – einem brillanten, charismatischen und äußerst abscheulichen Mann und Geschäftsführer der Hyperion Corporation. Ihr Geschäftsfeld: Waffen. Ihr seid der einzige Überlebende. Verwundet und ohne Waffen findet euch ClapTrap, ein Hilfsroboter, und tut in diesem Moment das einzig richtige: Whoop Whoop! Scherz. Er gibt euch natürlich eine Pistole, womit euer Abenteuer auf Pandora und die Jagd auf Handsome Jack beginnt. Denn dieser will nichts anderes, als ein uraltes, gefährliches Alien namens „Der Krieger“ aufzuwecken und diesen Planeten unter seinem Regime zu „zivilisieren“.

Klingt spannend, oder? Ist es auch! Das Spiel strotzt nur so vor authentischen Dialogen und einer sinnvollen(!) Handlung. Wie in Rollenspielen üblich läuft die Geschichte in sogenannten Hauptquests ab. Allerdings erfährt man nur in den Nebenquests Hintergründe zu den einzelnen Charakteren wie z.B. ihre Motivation im Krieg, ihre Herkunft, Vorlieben etc pp. Vorkenntnisse aus dem ersten Teil werden nicht benötigt – Fans werden jedoch auf Anhieb bekannte Gesichter wie Roland, Lilith, Brick und Mordecai erkennen. Wer den Titel zum ersten Mal spielt, muss sich auf eine Mindestspielzeit von rund 30 Stunden gefasst machen.

Die perfekte Mischung

Grund hierfür liegt in der Spielmechanik. Zwar spielt man an sich einen Ego-Shooter, in seinem Grundkonzept ist Borderlands 2 jedoch ein Rollenspiel durch und durch. Es gibt Klassen mit unterschiedlichen Skillbäumen, eine stark individuelle Ausrüstung, natürlich die Quests, klassische Bosskämpfe, Erfahrungspunkte und auffindbare Beute. Viel Beute, falsch quasi unendlich viel Beute und das in verschiedenen Seltenheitsstufen. Ein wahrer Traum für jeden Diablo-Fan. Sogar Spezialfähigkeiten wurden den einzelnen Klassen spendiert, die in den Skill-Bäumen ausgebaut werden können. Das einzige, was fehlt, sind Materialien zum Aufrüsten vorhandener Gegenstände. Aufgrund der Übermasse an Angebot ist dieser Umstand jedoch schnell verziehen. Es ist interessant, wie schnell einen dieses Verlangen nach Besserem und Stärkerem überkommt: Jede Ecke wird durchsucht, jeder Gegner wird eliminiert, jede Kiste geöffnet.

Aber nicht nur das: Dadurch, dass man die Erzähl- und Spieltiefe eines Rollenspiels mit den actiongeladenen Szenen eines First-Person-Shooters verbindet, wird einem quasi nie langweilig. Die frei begehbare Welt mit ihren Monstern, Banditen und Verstecken möchte man am liebsten ohne Pause ins Jenseits schicken. Mit diversen Elementartypen und Gegnerarten zwingt man euch sogar taktisches Denken auf. Denn ohne werdet ihr gnadenlos von dem etwas zu hoch gegriffenen Schwierigkeitsgrad überrollt und zahlt seinen Fehler aus dem eigenen Portemonnaie – wer lebt der spart. Oder so.

Gemeinsam unterwegs

Ein absolutes Highlight ist der Coop-Modus. Zu jederzeit kann ein Freund und ein Fremder eurem Spiel beitreten und euch bei euren Aufgaben unterstützen. Der negative Effekt: Die Monster werden stärker. Der Positive: Ihr bekommt seltenere Waffen. Vom Schwierigkeitsgrad her sind die Stunden zu zweit allerdings deutlich angenehmer als alleine, schon deshalb, weil sich die unterschiedlichen Klassen wunderbar ergänzen und ihr dadurch deutlich variabler strategisch vorgehen könnt. Natürlich ist es äußerst schade, dass hier nicht vier Personen gleichzeitig spielen können. Aber nicht umsonst wurde der Multiplayer-Part von Borderlands so in den Himmel gelobt, dass der Zwei-Spieler-Coop plötzlich keine Daseinsberechtigung besitzt.

Kompromisse

Während man inhaltlich voll bedient wird, muss man bei der Steuerung Kompromisse eingehen. Den fehlenden Schultertasten sowie Druckknöpfen geschuldet, wurden ihre Funktionalitäten auf den Bildschirm bzw. Touchpad verfrachtet. Während mit den Granaten und der Spezialfähigkeit der Touchscreen bekanntermaßen sinnvoll genutzt wird, haben es große Hände mit der Rückseite schwer. Ein unabsichtlicher Sprint oder Nahkampfangriff im Gefecht ist unvorteilhaft. Ich selbst hatte keine Probleme damit. Mittlerweile kann man die Fläche am Touchpad einstellen, sodass hier auch bei euch keine Probleme auftreten sollten. Ansonsten profitiert/leidet das Spiel von den etwas zu kleinen Dual-Analog-Sticks, wie in jedem anderen Spiel auch.

Debakel

Das mit der Steuerung ist zwar ärgerlich, aber darüber kann man wegsehen. Doch der große inhaltliche Umfang wird mit einer ebenso großen technischen Fehlleistung bezahlt. Klar ist, dass das Spiel für die PS Vita grafisch angepasst werden musste. Dies wurde insoweit auch verständlich nach außen kommuniziert, in dem zum Beispiel die Körper nicht liegen bleiben oder die allgemeine Sichtweise etwas reduziert wurde. Und auch im Spiel sind die Unterschiede dank der kleineren Auflösung und der wirklichen schicken Cel-Shading-Optik nur im Detail zu finden. Ansonsten hält sich die Portierung weitestgehend an sein Vorbild. Trauer, Wut und Enttäuschung sind jedoch die Emotionen, die in langen Strecken des Spiels aufkommen – und nicht Spaß, Ehrgeiz und Neugier. Grund hierfür liegt nicht nur an den Rucklern, die das Spiel vor allem bei actionreicheren Szenen bekommt, sondern an den unfreiwilligen Abstürzen, die oft wie aus dem Nichts erscheinen. Bevor ich es vergesse: Ich hatte mit meinem Test extra auf den Patch gewartet, der etliche Fehler beseitigen und die Performance nach oben schrauben sollte – Fehlanzeige. Mir ist aufgefallen, dass das Spiel besonders häufig abstürzt, wenn man in hektischen Situationen in das Menü wechselt. Daher mein Rat: Lieber 10 Sekunden stehen bleiben, als das man zwei Minuten braucht, um das Spiel erneut spielen zu können. Ihr lest richtig: Bei mir dauert es zwei Minuten, bis das Spiel von der LiveArea bis Pandora geladen hat. Und auch die Ladezeiten zwischen den Gebieten sind sehr lang. Gott sei Dank sind die einzelnen Areale so groß, dass man über diesen, einzelnen Umstand hinwegsehen kann. Nicht aber über alle. Aufgrund der aufkommenden Mehrarbeit im Coop-Modus häufen sich die Fehler und die Ruckler natürlich. Wer einigermaßen sicher spielen will, braucht eine stabile und schnelle Internetverbindung. Andernfalls wird der sonst so spaßige Teil des Spiels schnell zum Motivationskiller.

Ebenso verwundert war ich über den Sound. Auch hier wurde alles originalgetreu portiert, sodass ihr die leicht Wilden Westen angehauchten, aber Borderlands typische Kulisse zu Ohren bekommt. Ein erstklassiger Soundtrack, der zudem mit grandiosen Synchronsprechern daher kommt. Besonders Handsome Jack verleiht man ein authentisches Auftreten. Doch hier und da setzt das Audio einfach aus, mal die Geräusche des Spielers, mal ist es die Musik und mal auch die gesprochenen Stimmen. Glücklicherweise sind diese mit dem Patch zum größten Teil behoben wurden, tauchen aber an einzelnen, seltenen Stellen dennoch auf.

Fazit: Nach rund 25 Stunden Spielzeit in Pandora (und deutlich mehr für das Spiel an sich) ist meine Meinung zwiegespalten wie es schon lange kein Titel mehr geschafft hat. Sony hat ein Borderlands 2 angekündigt, welches dem der PS3-Version im Nichts nahesteht. Inhaltlich zumindest haben sie ihr Versprechen gehalten: Man bekommt das hochgelobte Borderlands 2 in seinen vollen Zügen spendiert. Das Spiel an sich ist eine perfekte Symbiose aus Rollenspiel und First-Person-Shooter. Technisch enttäuscht das Spiel auf ganzer Linie, was auch nach mittlerweile zwei Patches nicht besser wurde.

Ich selbst konnte Borderlands 2 trotz der Mängel nicht weglegen. Zu groß überwiegt der Spielspaß, wenn der Titel mal so läuft, wie er zu laufen hat. Eine allgemeine Empfehlung kann ich jedoch nicht aussprechen – wer gerne auf der PS Vita spielt, wird sich freuen. Wer auf mehreren Konsolen unterwegs ist, wird es meiden wollen.

Lars Leidenschaftlicher Gamer, Ehemann und IT-Berater. Liebt seine PS Vita, seinen Hund und Wordpress. Seit 2011 Redakteur und seit 2013 Administrator und Webmaster von yourPSVita.
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27. August 2015 10:50

Das Spielen macht im Coop-Modus einfach mehr Spaß. Hoffe ich kann so auch mal eine Dahl-Waffe ergattern!