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Test – Need for Speed: Most Wanted

Test – Need for Speed: Most Wanted

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02.04.2013 – Test

2005 erschien für viele Rennspiel-Liebhaber mit Need for Speed Most Wanted der wohl beste Teil der Reihe. Seitdem sucht das Franchise nach dem verloren gegangenen Geist. Den absoluten Neuanfang wagt Publisher Electronic Arts 2012, indem sie die Burnout-Macher Criterion Games an das erste Remake der Serie loslassen. Need for Speed Most Wanted soll in vielen Dingen anders sein und damit wieder Leben einhauchen. Wir haben uns in die Autos gesetzt und geschaut, ob nur heiße Luft aus den Ventilen pfeift oder der Motor wieder summt.

Need for Speed ist ein Klassiker, fast 20 Jahre fesselten etliche Spiele über 100 Millionen Menschen vor dem Bildschirm, um ihren Durst nach Geschwindigkeit zu löschen. So jetzt auch mit dem Remake von Need for Speed Most Wanted. Ein Neuanfang – weniger nicht – hatte Criterion Games angekündigt. Und dieser Neuanfang stellt sich vielerlei Hinsicht dar: Ob Geschichte, Gameplay, Multiplayer oder den Features. Doch alles der Reihe nach.

Das Geschehen spielt sich in Fairhaven ab, einer fiktiven Stadt an der Küste. Ohne großen Schnickschnack werdet ihr ins Getümmel geworfen: Es gibt eine Liste der besten Rennfahrer der Stadt. Die Most Wanted-Liste. Als Neuling gilt es, zehn (nicht 15) Autos zu bezwingen, um an der Spitze dieser Liste zu sein. Ich sage deshalb Autos, weil keinerlei Fahrer vorgestellt werden. Auf die Geschichte wird ebenfalls verzichtet. Der Fokus wurde bewusst nicht abseits sondern auf die Straße gesetzt.

Dieser Ansatz spiegelt sich auch im Gameplay, welches sich überhaupt nicht an das des Vorgängers orientiert. Im Mittelpunkt stehen SpeedPoints, die ihr auf dem Weg zum Ruhm sammeln müsst. Diese lassen sich beim Rennenfahren, Verfolgungsjagden oder Stunts verdienen. Ab einer gewissen Punktezahl dürft ihr gegen den Most Wanted-Wagen fahren. Der Clou ist jedoch, dass ihr von Anfang an, jeden der 31 Wagen fahren dürft, sobald ihr diesen in Fairhaven gefunden habt. Die vermeintlich aufkommende Langeweile, die auftreten dürfte, wenn man das ganze Spiel über mit dem gleichen Wagen fährt, versucht man zu lösen, indem ihr nur fünf Rennen pro Wagen fahren dürft. Wollt ihr also mehr Punkte sammeln, seid ihr gezwungen, den Wagen zu wechseln und andere Rennen zu fahren. Neben den SpeedPoints erhaltet ihr je nach Platzierung zudem Modifikationen für euren Wagen: Nitro, Reifen, Karossiere, Getriebe usw. Je nach Rennart und –strecke seid ihr auf diverse Teile angewiesen, um das Ziel als Erster oder unter bestimmten Voraussetzungen zu erreichen. Wirkliches Tuning wird euch allerdings nicht geboten.

Auch bei den Spielmodi gibt es Neuerungen: Die Radarfallen musste der Tempojagd weichen, das Zeitrennen wurde durch Hinterhalt ersetzt. Das Knockout und Drag-Rennen sind ganz gestrichen worden. Sprints und Rundkursrennen bleiben jedoch erhalten. Das Schwergewicht fällt allerdings deutlich zu den spannenderen Sprint-Rennen. Bei der Tempojagd müsst ihr eine bestimmte Durchschnittsgeschwindigkeit erreichen. Im Spielmodi Hinterhalt hängt die Polizei an euch, die ihr in einer bestimmten Zeit abschütteln müsst. Criterion Games hat sich die Mühe nicht nehmen lassen und zu jedem Rennen ein Video erstellt, welches euch noch mal richtig anspornen soll.

Das Spiel wird mit diesem Ansatz nicht mehr von den Entwicklern sondern von euch selbst gestaltet. Ihr seid nicht mehr gezwungen, Aktion X durchzuführen, um euer geliebtes Auto Y zu erhalten. Quälende Strecken geht man einfach mit einer anderen aus dem Weg, wobei der Schwierigkeitsgrad nicht wirklich fordernd ist. Gleichzeitig könnt ihr dank Open-World-Map tun und lassen was ihr wollt.

Im Spielgeschehen selbst lassen sich die Burnout-Parallelen nicht abstreiten: Takedowns sind ein hilfreiches Mittel, um eure Gegner auf Abstand zu halten. Ein Takedown ist nichts anderes als ein von dir verursachter Unfall, der euren Gegner für eine Weile ausschaltet. Anschließend wird er wieder auf die Straße gesetzt. Das gleiche kann euch natürlich auch passieren, eine gewisse Vorsicht und fahrerisches Können sind angesagt. Zum Schadensmodell kommen wir später.

Die Steuerung ist renntypisch, wobei Simulation es eher beschreibt als Arcade. Eine Umstellung ist definitiv zu spüren, eine gewisse Eingewöhnungszeit wird auch gebraucht. Mitunter liegt der Grund bei den schnellen Autos, die gleich zu Anfang zur Verfügung stehen. Aber schon nach kurzer Zeit hat man Steuerung verinnerlicht und die Kniffe raus. Dieser liegt hauptsächlich im Drift, den ihr beherrschen müsst, um möglichst schnell um die Kurven zu kommen. Das heißgeliebte Nitro ist ebenfalls an Board und wird mit diversen Aktionen aufgeladen.

Abseits der Rennen habt ihr andere Möglichkeiten, euch zu unterhalten. Diverse Rampen laden zu Sprungeinlagen ein. Euer Freund und Helfer – die Polizei – steht natürlich auch für wilde Verfolgungsjagden zur Verfügung. Die Fahndungsstufe steigt dabei stetig, je nach Level erwarten euch andere Hindernisse, die euch stoppen sollen. Sinken könnt ihr diesen nur, wenn ihr aus dem Sichtradius der Polizei verschwindet und unentdeckt bleibt. Die riesige Map lädt quasi zu einer Rundfahrt ein, die von der Küste mit Strand über einen Hafen und weiteren Industriegebieten bis hin zur Innenstadt oder langen Autobahnfahrten erstreckt. Wie bei den Wagen stehen euch auch hier alle Areale direkt zur Verfügung.

Und da gibt es noch den Multiplayer. Auch hier habt ihr die Möglichkeit, Speedpoints in diversen Rennen, Drift-/Sprung-Herausforderungen oder Takedowns zu sammeln. Je mehr ihr davon habt, desto höher steigt euer SpeedLevel. Die Modifikationen, die ihr im Singleplayer erspielt habt, zählen hier nicht mehr. Diese müssen sich mit Fahrzeiten, Driftstrecken oder Takedowns in Meilensteinen verdient werden. Ihr könnt euch dabei SpeedListen erstellen, die dann von allen Mitspielern abgefahren werden. Derjenige, der am Ende die meisten SpeedPoints gesammelt hat, ist der Sieger. Spieler können dabei die Session betreten und verlassen, ohne die anderen zu beeinflussen.

Technisch ist der Titel ein zweischneidiges Schwert. Auf der einen Seite ermöglicht Criterion Games das gleiche Spielerlebnis wie auf dem großen Bruder: gleicher Inhalt, gleiche Map, gleiche Vielfalt mit ein paar Abstrichen in der Sicht, dem Detaillierungsgrad und der Menge an Autos. Trotz allem ist Need for Speed mit dem Tag und Nachwechsel, den Lichtspiegelungen und dem immer noch hohen Detailgrad ein Fest für die Augen. Die Most Wanted-Wagen werden mit tollen CGI-Videos vorgestellt. Ein Schadensmodell ist ebenso vorhanden: Reifen platzen, Schrammen und Beulen sind nach Unfällen zu sehen. Das Umfeld ist gespickt mit Laternen, Bänken, Zäunen und anderem Zeugs, dass ihr anfahren und umfahren könnt. Auch der Soundtrack ist erstklassig, reicht dieser von Electrobeats bis hin zu rockigen Titeln, von unbekannten Indie-Bands bis hin zu Chartstürmern. Der Multiplayer kann zudem mit einer stabilen Verbindung punkten. Zudem gibt es innerhalb der Map keine wirklichen Ladezeiten. Doch scheint die eins zu eins Portierung einige Opfer gefordert zu haben. Hat man in der Stadt selbst keine Ladezeiten, fallen diese zum Rennanfang überdurchschnittlichen lange aus. Der Soundtrack springt nicht immer zum Rennstart an, manchmal hat man auch gar keine Musik. Zudem ist sie ziemlich leise. Auch einige Grafikpatzer müssen hingenommen werden: viereckige Schatten, kleinere Texturfehler im Umfeld, Fehler in den Renn-Videos. Die Krönung sind jedoch unerklärliche Spielabstürze, die einem den Rennabend vermiesen können. Zwar bietet Criterion bereits einen ersten Patch an, dieser kann jedoch nicht alle Fehler ausmerzen. Vor allem um den Soundtrack ist es schade, bietet er doch eine große Vielfalt an Musiktiteln, die richtig gut mit dem Spiel harmonieren. Hier müsste man auf den Vita-internen Musikplayer ausweichen.

Fazit: Der Neuanfang ist Criterion Games geglückt. Mit ihrer Umstrukturierung des Spiels schaffen sie es, neuen, frischen Wind in das Franchise zu wehen. Er erlaubt einen unglaublich flexiblen Spielstil, anders als die strengente Linie, die jeder Teil zuvor gehabt hatte. Ein absolutes Novum in der Serie. Die vielen Möglichkeiten mögen einen zu Anfang sicherlich erschlagen, man findet sich allerdings schnell zu Recht, auch dank beibehaltenem Need for Speed-Feeling. Die fehlende Geschichte wirkt kaum ins Gewicht, das fehlende Tuning allerdings umso mehr. Neben dem Singleplayer kann auch der Multiplayer mit zusätzlichen Modi und stabilen Verbindungen punkten. Grafik und Musik würden das Gesamtpaket abrunden, hätten sie nicht die oben genannten Mängel.

Die Empfehlung hängt an einer Frage: Möchte man das alte Need for Speed Most Wanted spielen oder ist man offen für Neues? Dieser Teil der Serie ist ein absoluter Schnitt, dem einige beliebte Spielinhalte zum Opfer fielen. Wer also den ersten Teil der Frage mit Ja beantwortet, sollte sich lieber fern halten. Wer allerdings den zweiten Teil der Frage mit Ja beantwortet, erhält ein für die Vita einzigartiges Rennspiel, mit guten Ideen und flexiblen Spielablauf. Er muss allerdings auch mit den technischen Mängel auskommen.

Lars Leidenschaftlicher Gamer, Ehemann und IT-Berater. Liebt seine PS Vita, seinen Hund und Wordpress. Seit 2011 Redakteur und seit 2013 Administrator und Webmaster von yourPSVita.
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